Informationsabend „Hitzeangepasste Siedlungsentwicklung“

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Seit 1864 ist die Durchschnittstemperatur in der Schweiz um 2,0°C gestiegen, seit 1980 hat sich die Sonnenscheindauer um 20% erhöht und die Schneetage unter 800 m ü. M. haben sich seit 1970 halbiert.

Mit diesen Fakten und dem Hinweis, dass unsere Gletscher in den letzten 70 Jahren um rund 60% geschrumpft sind, führte Martin Schneider, Sektionsleiter der kantonalen Abteilung Raumentwicklung, am 10. November die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer in der Chappele-Beiz in den von den Grünen Wohlen organisierten Informationsabend „Hitzeangepasste Siedlungsentwicklung“ ein. Das verdichtete Bauen mache Siedlungsgebiete zu „Wärmeinseln“, da der Zufluss von Kaltluft behindert werde, die hohen Gebäude als Wärmespeicher wirkten und grüne Freiräume, Baumbestand und Agrarflächen laufend reduziert würden. Da taucht die Frage auf, warum die Gemeinde Wohlen das landwirtschaftlich genutzte Gebiet Wil/Huebächer unbedingt gewerblich erschliessen und so als wichtige unversiegelte, wärmeausgleichende Fläche zerstören will, die zudem unser Dorf Richtung Westen für den Kaltluftzustrom offen hält…

Auch der Aargau wird aktiv

Der Bund hat im Raumplanungsgesetz eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen und den Schutz der Bevölkerung vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen bereits klar postuliert. Und auch der Aargauer Regierungsrat ist in Sachen Klimawandel aktiv, unter anderem mit einer Klimastrategie. Zudem ist seit dem 1. November in der kantonalen Bauverordnung neu festgehalten: „Die Gemeinde zeigt bei Gesamtrevisionen oder umfassenden Teilrevisionen der Nutzungsplanung auf, wie die Wohnqualität und die Qualität der Aussen- und Naherholungsräume – namentlich durch Massnahmen zur lokalen Hitzeminderung, Biodiversitätsförderung sowie Lärmsenkung – verbessert werden.“ Als Handlungsfeld im Bereich Klimaanpassung ist u.a. die hitzeangepasste Siedlungsentwicklung aufgeführt.

Öffentlich zugängliche GIS-basierte Klimakarten (www.ag.ch/geoportal -> Klima) zeigen für alle Aargauer Gemeinden, wo ihre Hitze-Hotspots liegen, welche Grünräume für das Klima besonders wichtig sind und wie die kalte Luft ins Siedlungsgebiet strömt. Sie dienen als zentrales Planungsinstrument für eine hitzeangepasste Siedlungsentwicklung. Der ergänzende digitale Leitfaden beinhaltet u.a. Massnahmen zur Hitzereduktion im Siedlungsgebiet, die in anstehende kommunale und private Projekte einfliessen können, wie beispielsweise Erhalt grosser Grünflächen am Siedlungsrand als Kaltluftentstehungsgebiete oder Schaffung von Frischluftkorridoren und Kaltluftleitbahnen. Dann zeigte der Referent auf, wie sich der innere Baumbestand äusserst positiv auf die Hitzeentwicklung auswirkt, warum sickerfähige, begrünte Oberflächen zu fördern und Gebäude zu begrünen sind und warum ein nachhaltiges Regenwassermanagement einen wichtigen Beitrag gegen Trockenheit, Hitze und Starkniederschläge leistet.

Wohlen ist gefordert

Wohlen steckt aktuell in Sachen „Klimastrategie“ noch in den Kinderschuhen – die Zerstörung wichtiger Baumbestände und Grünräume im Dorfzentrum sprechen eine klare Sprache . Ein erster wichtiger Schritt wäre die Erarbeitung eines „Räumlichen Entwicklungsleitbildes“ (REL) als Steuerungs- und Führungsinstrument. Schneider sieht als Erfolgsfaktoren u.a. das Klima auf die politische Agenda zu setzen, Anreizsysteme zu lancieren und aktiv über das Thema zu kommunizieren. Sein Fazit: „Gute Durchlüftung, viel Grün, bewegtes Wasser, Beschattung und klimaoptimierte Materialwahl sind Bausteine einer klimabewussten Gemeindeentwicklung“. In der abschliessenden intensiven Diskussion kamen Themen wie das brachliegende Isler-Areal bzw. der vor vielen Jahren genehmigte Gestaltungsplan ebenso zur Sprache wie die unbewältigte Herausforderung durch den Starkverkehr mitten durchs Dorf. Als Chance erkannt wurde die Tatsache, dass in Wohlen bald einmal die Revision der BNO ansteht, die dann mit verbindlichen klimaschützenden Massnahmen ausgestattet werden kann.